Lisa Naber, Thomas Gaisbauer und Heinz Riese sprechen anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Brühler Handballabteilung über ihre Erfahrungen in ihrem leitenden Ehrenamt und verdeutlichen, wie wertvoll dieses Engagement gerade auch für junge Menschen sein kann.
von Martina Lederer
Exemplarisch für drei Generationen Handball-Abteilungsleitung des TV Brühl stehen für die früheren Jahre und den Aufbau Heinz Riese, für die Weiterentwicklung und Ausbau Thomas Gaisbauer und für die Gegenwart und Zukunft Lisa Naber. Dabei war Riese von 1974 bis 1995, also ganze 21 Jahre lang, an der Führungsspitze, Gaisbauer von 2007 bis 2013 an vorderster Front und die jetzige Chefin Lisa Naber ist seit 2020 im Amt. Diese drei kommen zusammen – auch entsprechend des Anlasses – locker auf 100 Jahre Ehrenamt in der Abteilung, sind immer noch in unterschiedlichen Funktionen aktiv dabei und wie keine anderen die Gesichter des Handballs in der Gemeinde.
Sie waren beziehungsweise sind alle drei aktive Spieler und engagieren sich zusätzlich ehrenamtlich in der Abteilung. Was haben Sie zusätzlich zur Abteilungsleitung schon alles gemacht?
Heinz Riese: Ab meiner Mitgliedschaft 1967 war ich öfters Zuschauer bei den Heimspielen im Feldhandball. Durch mein Interesse an der Handballabteilung wurde ich drei Jahre später als Spielleiter angeworben. Ab 1972 habe ich mich bereits in Absprache mit der Gemeinde um die Hallenbelegung gekümmert, bevor ich 1974 für 21 Jahre die Abteilungsleitung übernahm und nebenbei für vier Jahre noch zweiter Vorsitzender vom Hauptverein und mit Willi Seufert zusammen für die Organisation des 75-Jahre-Vereinsjubiläums zuständig war. Seit 1976, also inzwischen 46 Jahre, erstelle ich nun schon die Spielpläne in Absprache mit Verbänden, Gemeinde und anderen Vereinen, seit Jahren alles online. Für diese knifflige Aufgabe habe ich auch für die nächste Saison wieder zugesagt und werde weitermachen, solange ich das kann – vielleicht werden ja die 50 Jahre voll.
Thomas Gaisbauer: Ich war von 1973 bis 2005 selbst aktiver Spieler. Im Ehrenamt tätig war ich erstmals ab 1980 als Trainer unterschiedlicher Mannschaften bis 2004 – wenn Not am Mann ist, springe ich da auch heute bei den Damen 1 manchmal noch ein. Zudem habe ich fast kein Amt in der Abteilung ausgelassen, vom Zeitnehmer, über Kassenwart, Schriftführer, Pressewart bis hin zum stellvertretenden und ersten Abteilungsleiter, dazu Bauausschuss und Beisitzer beim Hauptverein. Meine derzeitige Aufgabe ist die dankbarste, denn ich darf allen runden Gebutstagskindern sowie Brautpaaren gratulieren und auch neue Erdenbürger mit Präsenten der Abteilung begrüßen. Mit Rat und Tat stehe ich aber ansonsten bei allem, was ansteht, immer gerne zur Verfügung.
Lisa Naber: Handball spiele ich schon seit frühester Kindheit, mein erstes Jugentraineramt habe ich 2010 mit 16 Jahren angetreten. Vor der Übernahme der Abteilungsleitung 2020 habe ich zwei Jahre lang unsere Damen-2-Mannschaft trainiert. Bei Festen, beim Hallendienst oder wo nötig, war es für mich schon immer selbstverständlich, bei meiner Abteilung mitzuhelfen.
Was hat Sie dazu veranlasst, die Abteilungsleitung zu übernehmen?
Riese: Ich hatte ja schon die Spielleitung, Theo Büchner war Jugendleiter und hat mich dann zusammen mit meinem Vorgänger Heinz Faulhaber überredet, auch die Abteilungsleitung zu übernehmen. Das habe ich halt dann 21 Jahre gemacht – mit viel Spaß und Engagement.
Gaisbauer: Der erste Schritt zum Stellvertreter 2004 war ein sehr trauriger Anlass, nämlich der Tod von Stefan Kreutzenberger. Langes Überlegen gab’s nicht, es war keine Option für mich, den damaligen Abteilungsleiter Jürgen Wild hängen zu lassen. Nachdem 2007 nahezu alle in leitenden Funktionen aus der Abteilungsleitung in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zurückgetreten sind, war es Robert Bühn, der den Ausschlag gab. Er übernahm den Posten zum zweiten Abteilungsleiter unter der Prämisse, dass ich den ersten mache.
Naber: Meine Vorgängerin Martina Lederer hatte im Jahr zuvor nur noch eines drangehängt, weil sich kein Nachfolger fand, also musste bei der Wahl 2020 eine Lösung her. Ich hatte vorher darüber nachgedacht, dass ich mir das vorstellen könnte, wenn mich zum einen meine beiden Vorgänger unterstützen und zum anderen das Amt des zweiten gleichberechtigten Abteilungsleiters sowie das des Kassenwartes meine Mannschaftskameradinnen und gute Freundinnen Anja Gross und Franziska Pristl übernehmen. Es gab wie vermutet keine anderen Anwärter, wir wurden gewählt, ein Generationswechsel war vollzogen und alle waren erleichtert.
Was waren die sportlichen Highlights während Ihrer Amtszeit?
Riese: Mit dem Jahrgang 1953/54 haben wir in der A-Jugend sowohl in der Halle als auch auf dem Großfeld Meisterschaften geholt. Die Jahrgänge 1957/58 haben im Anschluss viele Badische Meisterschaften auf dem Großfeld und in der Halle erspielt. Die Krönung war die Teilnehme an der Süddeutschen Meisterschaft. Das war dann auch der Grundstock für die Herrenmannschaft, mit der wir später im aktiven Bereich in die Landesliga aufgestiegen sind. Noch heute treffe ich mich regelmäßig mit diesen ehemaligen Spielern.
Gaisbauer: Wir haben mit der weiblichen A-Jugend das Final Four für die Endrunde des BHV-Pokals ausgerichtet und gewonnen. Mit unserer ersten Damenmannschaft haben wir 2008 erst den Aufstieg in die Landesliga und schon zwei Jahre später in die Badenliga gefeiert.
Naber: Da direkt nach meinem Amtsantritt durch die Corona-Pandemie nichts mehr ging, ist während meiner Zeit nicht viel passiert. In der Jugend sind wir noch mitten im Neuaufbau, da wir pandemiebedingt starke Rückgänge hinnehmen mussten. Aber ich hoffe doch, dass das wiederkommt.
Was hat Sie menschlich am meisten bewegt?
Riese: Dass Kameradschaft und Gemeinschaftssinn im Mannschaftssport und im Verein etwas ganz Wertvolles sind. Der menschliche Zusammenhalt war auf unseren vielen Turnieren wie oft in der Schweiz, bei Skifreizeiten und auch bei unseren zahlreichen Festen – vor allem bei den Veranstaltungen an Fasnacht – immer zu spüren.
Gaisbauer: Am meisten hat mich nach dem Tod von Stefan Kreutzenberger der Zusammenhalt und die Rückendeckung aller Mitglieder bewegt, dass so viele bereit waren, mit mir an der Spitze die Handballabteilung auf den richtigen Weg zu bringen. Dass man in dem Job als Abteilungsleiter auch unangenehme Entscheidungen treffen muss, die persönliche und freundschaftliche Konsequenzen hatten, musste ich leider auch erfahren.
Naber: Mich hat bewegt, dass die Handballfamilie auch während Corona nicht auseinandergebrochen ist. Ob das Onlinetraining war oder Umsetzung der vorgeschriebenen Maßnahmen, zusätzlich war es ja auch mental eine große Belastung, da nicht abzusehen war, wie es überhaupt weitergeht, aber der Zusammenhalt ist geblieben.
Haben Sie aus dieser Zeit als Abteilungsleiter auch etwas Bleibendes für sich persönlich mitgenommen?
Riese: Die Freundschaften sind bleibend. Es ist toll, dass es bei uns im TV die Abteilung „Kameradschaftskreis“ gibt, der hauptsächlich aus ehemaligen Handballern oder in der Abteilung Engagierten besteht. Wir treffen uns einmal im Monat im Clubhaus und haben immer Programmpunkte, bei denen wir die gemeinsame Zeit genießen und unseren Zusammenhalt pflegen. Ich glaube, da ist unsere Abteilung etwas ganz Besonders, denn es hört nicht mit der aktiven Sportlerlaufbahn auf, sondern man ist sein ganzes Leben dabei. Natürlich habe ich auch extern, in den Verbänden, im Handballkreis und vor allem in den anderen Vereinen tolle Menschen kennenlernen dürfen, die ich ja sonst nie getroffen hätte.
Gaisbauer: Ich habe gelernt, dass es irgendwie immer weitergeht, dass aber jeder bereit sein muss zu investieren, denn es funktioniert nur im Team. Natürlich prägt Führungsarbeit im Verein, das hilft auch im privaten und beruflichen Leben. Geblieben ist auch die schöne Erinnerung und ein wenig Stolz, dass ich es mit meinen Vereinskameraden damals in schweren Jahren immer geschafft habe, unsere Abteilung am Leben und Laufen zu halten, denn sie ist für uns und nachfolgende Generationen wichtig und wertvoll.
Naber: Auf alle Fälle, man muss ja lernen zu delegieren, auch mal autoritär zu sein, da man es nie allen recht machen kann, und Zeitmanagement ist zudem ein wichtiger Faktor. Aber man merkt auch schnell, auf wen man sich verlassen kann, wenn es darauf ankommt.
Wo lagen oder liegen die größten Probleme und glauben Sie, dass es früher einfacher war oder heute leichter ist?
Riese: Damals hab ich als Abteilungsleiter selbst zum Beispiel die Spielankündigungsplakate geschrieben und aufgehängt, Spielberichte verfasst und an die Presse gegeben sowie die zweite Mannschaft selbst gepfiffen und die Spielpläne gemacht. Das war viel Arbeit und hat mich vor und in der Saison Woche für Woche lange in Anspruch genommen. Das ging vor allem auf Kosten meiner Familie, mit der ich sicher ansonsten mehr Zeit verbracht hätte. Ich finde es toll, dass heute die Aufgaben auf viel mehr Schultern verteilt sind, wir mussten alles zu viert wuppen. Jetzt weiß jeder, was er zu erledigen hat und es ist schön, wenn wir uns dann regelmäßig bei den monatlichen Sitzungen treffen und austauschen.
Gaisbauer: Früher und heute kann man nicht unbedingt vergleichen. Ob die digitale Welt die Vereinsarbeit einfacher macht, wage ich zu bezweifeln, da ich glaube, dass einfach zu wenig miteinander geredet wird, um direkt zur Problemlösung zu kommen. Sicher ist aber, dass alles davon abhängt, dass du in diesem Amt ein gutes Team zusammenstellen musst, idealerweise eine Mischung aus Jung und Alt, doch auch die Zahl der Freiwilligen wird immer dünner.
Naber: Ich denke, dass die Menschen früher nicht so überhäuft von Freizeitangeboten waren, sei es digitale, immer abrufbare Unterhaltung oder Interaktion in sozialen Medien, Fitnessstudios gab es auch nicht. Da lag es doch bestimmt viel näher, in den Verein zu gehen, dort nicht nur Sport zu treiben, sondern sich beim Treffen mit Freunden auch gleichzeitig ehrenamtlich zu engagieren. Dazu war sicher der schulische und berufliche Anspruch an junge Menschen nicht der, der er heute ist. Trotzdem gibt es glücklicherweise noch etliche, die das Vereinsleben zu schätzen wissen, aber die Bereitschaft für ein Miteinander, um dies weiterzuführen und -zuentwickeln, muss bestimmt mehr als damals aktiv propagiert werden.
Haben Sie Ihr Engagement jemals bereut und würden Sie jungen Menschen empfehlen, Verantwortung im Verein zu übernehmen?
Riese: Bereut habe ich diese Zeit bis heute nicht und würde alles wieder so machen. Ich bin kein Brühler, bin zugezogen, habe aber in der Handballabteilung viele Freunde und Familie gefunden und so in der Gemeinde endgültig meine Wurzeln geschlagen. Jungen Menschen kann ich nur zuraten, denn dieses Miteinander von Jung und Alt, dass alle voneinander profitieren und lernen, findet man nur im Verein und vor allem im Mannschaftssport.
Gaisbauer: Ich würde alles genauso wieder tun und habe bestimmt nichts bereut. Vereinsleben und Engagement ist eine extrem wichtige Komponente im sozialen Zusammenleben in unserer schnelllebigen Gesellschaft. Wir Älteren haben die junge Generation langsam an verantwortungsvolle Aufgaben heranzuführen, müssen dann auch bereit sein, die Verantwortung zu übergeben und ihnen zu vertrauen. Bei diesem Amt ist man zwangsläufig gezwungen, fürs Leben zu lernen, seien es öffentliche Auftritte, Durchsetzungsvermögen gepaart mit dem Akzeptieren von unterschiedlichen Sichtweisen und Meinungen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Aber vor allem ist es schön, dass immer ein Weg gefunden wird, wie Jung und Alt durch den Sport als Aktiver, Zuschauer oder Ehrenamtlicher zusammenfindet und -hält, dass bei uns drei Generationen voneinander profitieren und sich auf einer Ebene verstehen.
Naber: Es ist verdammt viel Arbeit, das habe ich bestimmt unterschätzt. Ich werde heftiger als vermutet gefordert, glaube aber, dass mir das für meine berufliche Laufbahn und meine persönliche Entwicklung bestimmt viel bringt. Schon jetzt habe ich auf Verbandsveranstaltungen, örtlichen Festen und vor allem auch hier im Brühler Rathaus Menschen kennengelernt, die ich vermutlich sonst nie getroffen hätte, die eine Bereicherung sind und das ist ja erst der Anfang. Ich würde Kindern bezie-hungsweise Eltern immer den Mannschaftssport im Verein empfehlen, denn ich habe das selbst so seit meiner Kindheit erfahren, dass es hier selbstverständlich ist, dass Menschen jeden Alters gleichberechtigt harmonieren müssen, sich regelmäßig in der Halle, bei Sitzungen und bei Feiern treffen, sich akzeptieren und vor allem voneinander profitieren und lernen. Das geht weit über den Sport hinaus, Freundschaften entstehen, man hilft, unterstützt sich, leidet manchmal – aber zusammen, nie alleine – und hat jede Menge Arbeit, aber vor allem Spaß miteinander.